Brandenburger Nebelkerzen

Es frohlockte vor wenigen Tagen Brandenburgs oberster Schäfer und Hundehändler, wie stolz er doch auf seine Berufskollegen im Land sei, dass bei steigenden Wolfsbeständen in Brandenburg die Risszahlen zurückgingen. Zitat:“ „Das macht mich richtig stolz. Das sei ein Erfolg der konsequenten Herdenschutzmaßnahmen seiner Berufskollegen. In den vergangenen zwei Jahren habe kein Wolf diesen Schutz überwunden und getötet werden müssen. Die Förderung von Präventionsmaßnahmen durch das Land hat sich gelohnt.“ Diese Meldung wurde von einigen Medien gerne und ungeprüft weitergeleitet. Die des Lesens Mächtigen hatten allerdings den Braten gerochen, dass man hier die drei ersten Quartale des Jahres 2019 mit dem gesamten Vorjahr 2018 verglichen hatte. Die Zahlen, derer man sich rühmen wollte, waren spätestens Schall und Rauch, als das zuständige Landesamt für Umwelt Tage später die Rissliste für das gesamte Jahr ins Netz stellte. Reduziert man das bekannte Geschehen der letzten Jahre auf das, was die offiziellen Stellen denn wirklich zugeben wollen, so ergibt sich im Vergleich folgendes Bild:

Wenn man das Ergebnis schönreden möchte, kann man bestenfalls von einer weniger starken Zunahme als 2016/17 sprechen, bis man die Ergebnisse genauer hinterfragt.

Die genannten Zahlen sind aus verschiedenen Gründen unter Vorbehalt und mit großem Misstrauen zu betrachten, denn die offiziellen Angaben des Landes zum Rissgeschehen werden regelmäßig in ihrer Darstellung so verändert, dass die Historie nur nachvollziehbar bleibt, wenn man die veröffentlichten Risslisten regelmäßig abspeichert und die Inhalte abgleicht. So gab es in der Vergangenheit sehr präzise Auflistungen mit sämtlichen Fällen, detailgetreu bis an die Grenzen des Datenschutzes.

Anschließend wurde die Listen „plausibilisiert“ [sic], d.h. es verschwanden Fälle, die vorher mit dem Befund „Wolf“ gelistet waren. Offenbar mussten unbequeme Ergebnisse den Wunschzahlen angepasst werden. So gab es für 2018 eine reine Positivliste. Was nicht als Wolfsriss bestätigt war, war nicht mehr für jedermann einsehbar, aber durch fehlende Laufnummern nachvollziehbar. Ab April 2019 hat man sich ein neues Format einfallen lassen, die Fallnummern im laufenden Jahr verändert und pünktlich zum Jahresabschluss die für jedermann auswertbare Tabelle durch ein unhandliches Format ersetzt (LINK).

Auch damit lässt sich nicht verschleiern, dass es in der Beurteilung und Bewertung der Risse an unterschiedlichen Tierarten erhebliche Differenzen gibt. Wie die nachfolgenden Tabellen zeigen, haben die Wolfsbeauftragten offenbar erhebliche Schwierigkeiten, bei Rindern und Kälbern die Todesursache oder den Verursacher eines Risses festzustellen. Anders ist es nicht zu erklären, dass gegenüber 80 bis 90 % anerkannter Risse bei Schafen, Ziegen und Gatterwild bei Rindern und Kälbern nur gut die Hälfte der Risse als vom Wolf verursacht anerkannt werden. Wenn dabei in über 38 % der Fälle keine Beurteilung möglich gewesen sein soll, gibt das zu denken, über die Gründe soll hier nicht spekuliert werden, aber Vertrauen schafft das nicht.

Auswertung der Risse nach Tierarten und Anerkennung:

Der Jubel des Schäfers war also verfrüht und fehl am Platze. Einen Gefallen tat er sich und seinen Kollegen damit nicht. Es wäre besser gewesen einmal nachzufragen, wie das Land in Zukunft mit dem weiter zügig wachsenden Wolfsbestand umzugehen gedenkt und wo eigentlich die Ergebnisse eines angeblich so aufwendigen Wolfsmonitorings einsehbar sind. Andere Bundesländer gehen mit dem Thema deutlich transparenter um und machen regelmäßig aktuelle Informationen verfügbar.

Hauptsache der Umsatz stimmt und die Subventionen fließen - das kann es nicht sein!